Reisen Sie gerne klug im Zug oder chauffiert Ihr Auto Sie lieber durch den Stau?

Date:          23.05.2019

To:              Sorpresa

From:         Aladina im Wunderland

Subject:     Klug im Zug.

Liebe Sorpresa

Ein Kundenbesuch hat mich wieder einmal raus aus der Hauptstadt und rauf auf die stauverwöhnte A1 geführt, eigentlich.

Eigentlich deswegen, weil ich mich gefragt habe, was verlockender ist:

  1. Zur Tür hinaus und komfortabel direkt ins eigene Auto steigen gepaart mit der unkomfortablen Gewissheit, dass ich sowohl auf dem Hin- wie auch auf dem Rückweg ein winziges Teilchen der riesigen Blechlawine sein werde, die sich täglich auf der A1 hin und her staut.
  2. Zur Tür hinaus und 15 Minuten Aufwand, um zu Fuss und mit dem Bus unkomfortabel zum Bahnhof zu gelangen gepaart mit der Gewissheit, dass der Zug mich danach direkt zum Zielbahnhof bringt, neben dem mich mein Kunde erwartet, und mich danach ebenso zügig wieder zurück nach Bern fährt.

Falls Deine Wahl subito auf die Nummer 2 gefallen ist, attestiere ich Dir hiermit eine grosse Affinität zu Öffentlichen Verkehrsmitteln. Diese Eigenschaft fehlt mir.

Ich mag weder das Gedränge und die Hektik in Bahnhöfen, noch das Stimmengewirr im Zug oder das ununterbrochene Notebook-Getippe der wichtigen Menschen im Ruheabteil und schon gar nicht die böse Geruchsmischung aus verschiedensten Speisen, Getränken und Menschen.

Kurz und gut, ich bin ein Auto-Typ – mein Auto, mein Raum, meine Freiheit, meine Stille und meine Klänge.

Gestern habe ich mich für eine bewusste Abweichung von meinem Standardverhalten entschieden und die Nummer 2 gewählt.

So sass ich also im Zug und fühlte mich äusserst klug. Nachdem mein Zug und ich zügig an der verstopften Autobahn vorbeigeflitzt waren, liess ich meine Augen über saftig grüne Wiesen und Wälder, leuchtend gelbe Kornfelder und den strahlend blauen Himmel gleiten. In den wenigen vorhandenen Wolken fand ich immer wieder neue Wolkenbilder und freute mich einmal mehr über die Schönheit der Natur in unserem wundervollen Land.

Ich amüsierte mich ein kleines bisschen über die Tatsache, dass ich im ganzen Wagen keinen einzigen Menschen entdecken konnte, der seine Nase nicht ins Mobiltelefon, Tablet, Notebook oder ein Buch steckte. Wobei letzteres ja schon fast wieder Kultstatus hätte.

Es war, als gehörte die ganze prächtige, satte Schönheit draussen vor den Zugfenstern nur mir ganz allein – was für ein Geschenk!

Kluge Zugreisegrüsse
Aladina im Wunderland